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Sportpolitik: Eine Sportstadt liegt im Sterben
17.02.2011 22:55
VON CHRISTIAN ELSAESSER, 04.02.11, 22:17h, aktualisiert 04.02.11, 22:20h
Die SSB-Spitze mit Präsident Rene Walther und Vize Thomas Prochnow (von rechts) fürchtet um die Zukunft des Sports in Halle. (FOTO: USV)
HALLE (SAALE)/MZ. Als Thomas Prochnow den überdimensionalen Schlüssel in die Hand nahm, war die Tür geöffnet für Emotionen. Den Vereinen steht das Wasser bis zum Hals, sagte der Geschäftsführer des USV Halle und Vizepräsident Leistungssport im Stadtsportbund (SSB). Wir werden von der Stadt verschaukelt. So, wie es jetzt ist, geht es nicht mehr weiter.Es waren wenige, dafür umso emotionalere Worte, mit denen Prochnow und seine Mitstreiter vom Stadtsportbund am Freitag auf die alarmierende Situation in Halles Sport aufmerksam machten. Immer mehr Vereine stehen vor der Zahlungsunfähigkeit, weil die Stadt Halle wegen ihrer desaströsen Haushaltslage keine freiwilligen Leistungen mehr ausschüttet. In der Bevölkerung entsteht durch den Bau von Großsportstätten wie dem Stadion oder der Schwimmhalle der Eindruck, dass für die Sportförderung wahnsinnige Summen zur Verfügung stehen, sagte SSB-Präsident Rene Walther. Aber das stimmt nicht, in der Breite ist absolut nichts da.
Und das belegen die Zahlen. Unterstützung für Veranstaltungen, Fahrtkosten oder Übungsleiter hat die Stadt komplett eingestellt. Was bleibt, sind zumeist Kleckerbeträge. So hat der USV Halle, der zweitgrößte Verein der Stadt, für 2010 57 031 Euro Unterstützung beantragt - und genau 448 Euro bekommen.
Die Stadt ist in einer Zwickmühle. Weil die Kommune lange Zeit keinen genehmigten Haushalt für 2010 hatte, waren Zahlungen freiwilliger Leistungen untersagt, beziehungsweise nur in absoluten Ausnahmefällen möglich. Das ist gesetzliche Vorgabe, die der Verwaltung kaum Handlungsspielraum lässt. Wesentlich schwieriger aber wird es bei der Unterstützung jener Vereine, die ihre Sportanlagen von der Stadt gepachtet haben und in Eigenregie betreiben.
Diese Modelle sind von der Verwaltung in den vergangenen Jahren massiv vorangetrieben worden. Nach SSB-Angaben haben genau 50 Vereine solche Pachtverträge. Der Vorteil: Die Kosten für Betrieb und Personal zum Unterhalt verschwinden aus dem städtischen Haushalt und gehen auf die Vereine über. Im Gegenzug verpflichtet sich die Stadt aber, Teile der Betriebskosten zu erstatten. Trotzdem bleibt ein enormes Plus. Nach Schätzungen des SSB hat das Modell allein im Jahr 2008 den städtischen Haushalt um über eine Million Euro entlastet.
Die Informationspolitik der Stadt ist aber überaus verwirrend. Bernd Wiegand, der zuständige Sport-Dezernent in der Stadtverwaltung, sagte am Freitag gegenüber der MZ: Alle Vereine, mit denen die Stadt Pachtverträge hat, haben 2010 auch ihre Leistungen erhalten. Insgesamt 397 833,75 Euro.
Doch stimmt das wirklich? Die CDU-Stadtratsfraktion hat am 5. Januar eine Anfrage gestellt und Wiegand aufgefordert, die Anzahl der gültigen Pachtverträge zu nennen und alle Zahlungen darzulegen, die die Stadt im Jahr 2010 geleistet hat. Im Antwortschreiben heißt es: Zum 30.06.2010 hatten insgesamt 47 Vereine mit der Stadt Halle insgesamt 49 Verträge zur Bewirtschaftung von Sportanlagen abgeschlossen. In der folgenden Einzelauflistung, die der MZ vorliegt, sind aber nur 37 Vereine genannt. Zehn Vereine fehlen, beklagt Thomas Prochnow. Auch wir als USV sind darin nicht aufgelistet.
Was zwei Schlüsse zulässt: Entweder die Liste der geleisteten Zahlungen ist nicht vollständig. Oder: Zehn Vereine haben trotz Pachtverträgen mit der Stadt doch keine Zahlungen erhalten. Das jedenfalls behauptet der USV. Der Verein bemängelt, dass ihm laut Pachtvertrag 8 800 Euro Betriebskostenzuschuss für das Sport- und Gesundheitszentrum in der Frohen Zukunft zugesagt, diese aber nicht gezahlt worden seien.
Klar ist, dass die drastischen Kürzungen den Sport in den vergangenen Jahren härter getroffen haben als andere Gesellschaftsbe